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Nachhaltige Landwirtschaft und grüne Gentechnik
Konzept und praktische Lösungsansätze zur anbaubegleitenden
Forschung bei Einsatz transgener Kulturarten
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Konzept und praktische Lösungsansätze zur anbaubegleitenden
Forschung bei Einsatz transgener Kulturarten
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Andrea Raps, Angelika Hilbeck, Franz Bigler, Padruot M. Fried, Monika Messmer
Die Biotechnologie ist dabei, eine der bedeutendsten Technologien dieses
Jahrhunderts zu werden. So wurden dank bio- und gentechnischer Methoden
gerade in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte, v.a. in der
Medizin und Pharmazeutik erreicht. Auch in der Landwirtschaft werden in der
modernen Pflanzenzüchtung vermehrt biotechnologische Methoden
angewandt und die Entwicklung neuer, transgener Pflanzensorten ist
während der letzten 25 Jahre rasant fortgeschritten:
Im Jahr 1983 gelang zum ersten Mal die Übertragung von Genkonstrukten
fremder Herkunft in Pflanzenzellen (Regenass-Klotz, 1998) und bereits drei Jahre
später, 1986, erfolgte in Belgien, 1987 in den USA die erste Freisetzung
einer transgenen Pflanze (OECD, 1993a). Seitdem wurden bis letztes Jahr
weltweit ca. 25.000 Freisetzungsexperimente durchgeführt und im Jahre
1990 wurde in China, 1994 in den USA die erste transgene Pflanzensorte für
den Anbau zugelassen (James, 1997).
Von den weltweit wichtigen Kulturarten sind es heute acht Arten, von denen
gentechnisch veränderte Varietäten für den Markt zugelassen
sind: Baumwolle, Kartoffel, Mais, Raps, Sojabohne, Tabak, Tomate und
Zuckerrübe. In der Schweiz ist noch keine transgene Pflanzensorte
für den Anbau freigegeben. Es fanden bis jetzt lediglich zwei
Freisetzungsexperimente statt: 1991 und 1992 wurden an der Eigenössischen
Forschungsanstalt für Pflanzenbau in Changins transgene, virusresistente
Kartoffeln getestet (Farinelli & Malnoe, 1996). Weltweit wird den neuen,
transgenen Pflanzensorten ein enormes Potential zur Ernährungssicherung
und zur Durchsetzung einer umweltverträglichen, nachhaltigen
Landwirtschaft zugesprochen, zum Beispiel durch erhöhte Krankheits- und
Schädlingsresistenz, verbesserte Standortanpassung, erhöhte
Stresstoleranz und verbesserte Produktequalität. Darüber hinaus
steckt auch ein starkes Interesse von Seiten der Industrie in neuen
Pflanzensorten, die in ferner Zukunft transgene Pflanzen als günstige
Produktionsstätten von industriellen Produkten (Öle, Bioplastik)
oder Pharmazeutika ansehen. Es ist jedoch gerade diese Neuartigkeit und
Vielfalt von Merkmalskombinationen und Stoffen, ermöglicht durch die
Übertragung von Genen über Art-, Klassen- ja sogar Reichsgrenzen
hinweg, die auch unerwünschte Ökologische Nebeneffekte
verursachen können und damit unter Umständen eine nachhaltige
Produktion eher gefährden kännen. Um derartige unerwünschte
Nebenwirkungen auf die Umwelt und auch die menschliche Gesundheit
möglichst umfassend abzuklären, bevor die Pflanzen freigesetzt oder
in den Verkehr gebracht werden därfen, sind in den einzelnen Ländern
der EU und in der Schweiz für diese neuen Pflanzensorten spezielle
Zulassungsverfahren entwickelt worden. Bei den Untersuchungen, die über
die Inverkehrbringung einer transgenen Pflanzensorte entscheiden,
handelt es sich um Labor- und Freisetzungsversuche, die zeitlich und
räumlich begrenzt sind und nur mit der Auflage von Sicherheitsmassnahmen
zur Minimierung der Ausbreitung und Persistenz der Pflanzen, der Gene und der
Genprodukte durchgeführt werden dürfen. Sind die Pflanzen jedoch
einmal für den Markt zugelassen, entfallen alle räumlichen und
zeitlichen Beschränkungen, die Pflanzen werden Teil des Ökosystems
und interagieren weiträumig und langfristig mit der Artengemeinschaft im
Agrarraum. Deshalb lässt such aus räumlich und zeitlich begrenzten
Experimenten nur schwer auf langfristige Umweltwirkungen schliessen.
Darüber hinaus erschweren unzureichende Kenntnisse über
ökologische und evolutive Prozesse im Agrarökosystem aufgrund der
komplexen Zusammenhänge und aufgrund der mangelnden Erfahrung im
Umgang mit den neuen Pflanzensorten die Abschätzung von langfristigen
Auswirkungen. Aus der Sicht der Umweltvorsorge ergibt sich dadurch
zwangsläufig die Forderung, das Verhalten dieser Pflanzen auch nach der
Zulassung anbaubegleitend zu beobachten und zu untersuchen. Zur Zeit ist man,
ebenso wie in der Schweiz, in vielen Ländern, unter anderem in der
Europäischen Union, darum bemüht, dieser Forderung nachzukommen
und Konzepte für eine anbaubegleitende Forschung zu Einleitung entwickeln.
Mit Hilfe eines Monitorings soll Verantwortung für die neuen
Technologie übernommen und Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt
werden.
Die vorliegende Studie wurde im Auftrag der Fachstelle für Biosicherheit
und Abschätzung von Technikfolgen (BATS) erstellt und befasst sich mit
dem Erarbeiten eines Konzeptes zur agrarökologischen Begleitforschung
beim Anbau transgener Pflanzen in der Schweiz. In einem ersten Schritt sollten
die Untersuchungsparameter ausgewählt werden, die es erlauben, sowohl
den Nutzen (zum Beispiel Einsparung von Pflanzenbehandlungsmittel, Kontrolle
von bislang nicht bekämpfbaren Viruserkrankungen, ökonomische
Vorteile) als auch den Schaden (zum Beispiel Ausbreitung und Persistenz des
Transgens in der Umwelt, nachteilige Nebenwirkungen auf Nützlinge, Bienen
etc., Resistenzentwicklung beim Zielorganismus) neuer Pflanzensorten für
die Landwirtschaft in der Schweiz zu dokumentieren. Da sich die Integrierte
Produktion (IP) in der schweizerischen Landwirtschaft zum Standard entwickeln
wird, wird vorgeschlagen, das Potential von transgenen Pflanzen innerhalb der
Integrierten Produktion im Vergleich zur IP ohne transgene Pflanzen zu
untersuchen. Bei der Auswahl der zu untersuchenden Parameter wurde das
Leitbild der Nachhaltigkeit berücksichtigt (vgl. Maeschli, 1998) und einige
Indikatoren, die die Nachhaltigkeit eines Anbausystems messbar machen, in das
vorgeschlagene Konzept integriert.
Darüber hinaus wurde die Auswahl der Parameter in Anlehnung an die
Zulassung für Pflanzenschutzmittel getroffen, da bei der Ausarbeitung des
Konzeptes oftmals Parallelen zu diesem Bereich aufgetreten sind. Unsere
langjährigen Erfahrungen im Umgang mit Pflanzenschutzmittel haben
beträchtlich dazu beigetragen, Fragen nach relevanten Parametern und
erforderlichen Daten fär die Sicherheitsabschätzung transgener
Pflanzen zu beantworten. Häufig wird der Einwand erhoben, warum nur
für transgene Sorten ein Monitoring und anbaubegleitende Forschung
gefordert wird, bei konventionell gezüchteten Sorten dagegen darauf
verzichtet wird. Wenngleich dieser Einwand nicht auf alle
Untersuchungsparameter zutrifft, so hat er dennoch seine Berechtigung. Gerade
am Doppel-0-Raps und dem durch ihn vermutlich verursachten
Reh- und Hasensterben wird dies besonders deutlich. Unseres Erachtens ist es
so, dass neben dem Aspekt der Sicherheitsforschung die
Nach-Zulassungsforschung an transgenen Pflanzen als ein Anstoss und
Auslöser för allgemeine agrarökologische Forschung anzusehen
ist, die zum Teil ebenso bei konventionell gezüchtete Sorten gerechtfertigt
wäre. In diesem Sinne stellen transgene Pflanzen gewissermassen
"Markerpflanzen" für die Untersuchung ökologischer und evolutiver
Prozesse im Agrarraum dar. Die Studie stellt einführend die
gegenwärtige landwirtschaftliche Situation in der Schweiz vor (Kapitel 2)
und geht dann auf die Zulassungsverfahren in den USA, in der EU und in der
Schweiz ein (Kapitel 3). Anschliessend werden die Pflanzen, die v.a. in den USA
und in der EU zur Zeit für den Anbau zugelassen sind, bzw. die sich im
Zulassungsverfahren befinden, aufgelistet und die Freisetzungen weltweit
beschrieben (Kapitel 4). Im Kapitel 5 schliesslich werden die
Untersuchungsparameter beschrieben, die auf lange Sicht als relevant
angesehen werden, das Potential transgener Sorten für eine nachhaltige
Landwirtschaft zu charakterisieren. Auswirkungen des Anbaus transgener Sorten
auf Naturräume wurden in dieser Studie bewusst ausgeklammert, da sie
Gegenstand der Teilstudie von Ammann et al. (Teilstudie 3/6) sind.
Nachfolgend die Links zu den Teilstudien:
- Nachhaltige Landwirtschaft und grüne Gentechnik -
Das Leitbild Nachhaltigkeit - Eine Einführung
- Konzept und praktische Lösungsansätze zur
anbaubegleitenden Forschung beim Einsatz transgener Kulturarten
- Betriebswirtschaftliche Analyse des Einsatzes biologisch-technischen Fortschrittes unter Einbezug...
- Abschätzungen der Auswirkungen transgener Sorten auf Umweltqualitätsziele
- Kriterien für die Pflanzenzüchtung unter besondere Berücksichtigung des Potentials der modernen ...
- Konzept und praktische Lösungsansätze zur ökologischen Begleitforschung
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