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Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen und Biolandbau

Zusammenfassung

Die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenbehandlungsmitteln ist eine der wichtigsten Massnahmen zur Ökologisierung der pflanzenbaulichen Produktion. Sie vermindert einerseits die Belastung der Umwelt und der Lebensmittel mit Rückständen, und fördert andererseits die Artenvielfalt der landwirtschaftlichen Lebensräume. Die vorliegende Studie vergleicht zwei Strategien zur Reduktion des Verbrauchs an Pflanzenbehandlungsmitteln: Den Anbau transgener Sorten und den biologischen Landbau.

Mit Hilfe der Gentechnik können Resistenzmechanismen in Nutzpflanzen eingebaut werden, um sie vor Krankheits- oder Schädlingsbefall zu schützen. In dieser Studie gehen wir von der Annahme aus, dass es der Forschung gelingen wird, bei einigen der wichtigsten Schweizer Kulturpflanzen solche Resistenzen gentechnisch einzubauen. In dieser Studie beschränken wir uns auf die anbautechnischen und ökonomischen Auswirkungen des Anbaus transgener Nutzpflanzen. Dabei stehen die Auswirkungen auf den Biolandbau im Vordergrund. Die möglichen Sicherheitsrisiken für Mensch und Umwelt untersuchen wir hingegen in dieser Studie nicht. Selbstverständlich darf der Anbau transgener Sorten keinerlei humantoxikologische oder ökologische Risiken beinhalten.

Der biologische Landbau verzichtet weitgehend auf Pflanzenbehandlungsmittel. Dabei nimmt er produktionstechnische und wirtschaftliche Risiken auf sich, die für viele Produzenten eine Umstellung erschweren. Im allgemeinen ist die Strategie der indirekten Regulierung von Pflanzenschutzproblemen auf Biobetrieben ausgereift. Dennoch zeigt eine Analyse der phytomedizinischen Probleme, dass vor allem in den Spezialkulturen (Reben, Beeren, Stein- und Kernobst, einzelne Gemüsearten und Kartoffeln) ein Bedarf an wirksameren Pflanzenschutzmassnahmen besteht. Diese werden vor allem im Bereich krankheits- und schädlingsresistenter Sorten gesucht, denn indirekte Massnahmen wie die Optimierung der Habitatqualität und der biologische Pflanzenschutz bringen weniger rasch Fortschritte. Es kommen jedoch nur Sorten in Frage, welche ohne den Einsatz gentechnischer Methoden gezüchtet wurden.

In der integrierten Produktion ist dagegen der Pflanzenschutz weitgehend optimiert. Der Einsatz von Pflanzenbehandlungsmitteln ist jedoch nach wie vor intensiv. Der Anbau transgener, krankheits- und schädlingsresistenter Nutzpflanzen ist in der integrierten Produktion möglich und könnte dort beträchtliche Einsparungen an Pflanzenbehandlungsmitteln bringen. Die Anbaupraxis würde sich dadurch nur punktuell verändern und die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen wären bescheiden.

In nationalen wie internationalen Mindestanforderungen für den Biolandbau ist der Anbau transgener Nutzpflanzen verboten. Doch selbst ein Anbau transgener Nutzpflanzen in der integrierten oder konventionellen Landwirtschaft würde den Biolandbau unfreiwillig massiv beeinflussen: Um das Verbot transgener Sorten durchzusetzen, müssten im Biolandbau zusätzliche Kontrollen eingeführt werden; dennoch könnte nicht verhindert werden, dass sich transgenes Erbgut durch Auskreuzung auch in biologisch bewirtschaftete Kulturen ausbreiten würde; bei einzelnen Gemüsearten bestünde die Gefahr, dass schon in wenigen Jahren nur noch transgenes Saatgut im Handel angeboten würde und damit der Anbau dieser Sorten im Biolandbau unmöglich wäre; die Gefahr der Resistenzbildung gegenüber Bacillus thuringiensis-Präparaten würde massiv steigen, falls transgene Sorten mit entsprechenden Genen angebaut würden. Diese Resistenz würde aber dem Biolandbau wesentlich mehr schaden als der integrierten Produktion, da Bacillus thuringiensis gegen verschiedene Schädlinge das einzige im Biolandbau verfügbare Produkt ist. Der Anbau transgener Sorten in der integrierten Produktion, bei gleichzeitigem Verzicht auf deren Anbau in der biologischen Landwirtschaft hätte für den Biolandbau aber auch Vorteile: das Image des Biolandbaus würde zunehmen; neue Konsumentenschichten würden Bioprodukte kaufen, und der Biopreiszuschlag (Preisdifferenz zwischen konventionellen und biologischen Produkten) würde sich evtl. noch vergrössern. Die von Sicherheitsbedenken und ethischen Überlegungen geprägte Ablehnung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen im Biolandbau ist somit auch wirtschaftlich vernünftig.

Der Anbau transgener Nutzpflanzen in der integrierten Produktion würde möglicherweise die ablehnende Haltung des Biolandbaus längerfristig aufweichen. Das Vorhandensein wirtschaftlich interessanter Resistenzeigenschaften würde unter den pragmatisch ausgerichteten Biobauern Diskussionen über die Wünschbarkeit transgener Nutzpflanzen provozieren. Der Grundsatz würde durch Auskreuzungen von veränderten Genen aus konventionellen und integrierten Nachbarbetrieben durchlöchert, die Kontrolle des Nichtanbaus transgener Sorten auf Biobetrieben würde zunehmend aufwendiger und bei einzelnen Kulturen könnte die Verfügbarkeit von traditionell gezüchtetem Saatgut schwierig werden. Zudem wäre konventionellen und integrierten Betrieben, die mit transgenen Dauerkulturen bestockt sind, die Umstellung auf Biolandbau generell verwehrt. Dadurch käme das Verbot transgener Sorten im Biolandbau weiter unter Druck. Eine Öffnung des Biolandbaus gegenüber transgenen Nutzpflanzen würde jedoch unter heutigen Bedingungen zu einem massiven Imageverlust führen und dadurch Absatzeinbussen und Preiszerfälle bewirken. Selbst wenn transgene Nutzpflanzen in der Bevölkerung allgemein akzeptiert wären (was heute nicht der Fall ist), würde ihr Anbau den Biolandbau kaum mehr unterscheidbar machen von der integrierten Produktion. Dadurch würde der Biolandbau seine Sonderstellung bezüglich Preise auf dem Markt verlieren. Alle produktionstechnischen Eigenarten des Biolandbaus, die gegenüber der integrierten Produktion mehr Arbeitsaufwand verursachen (nicht-chemische Unkrautregulierung, Habitatmanagement, Hofdüngeraufbereitung etc.) oder den Ertrag beschränken (Verbot von Mineraldüngern, weniger effizienter Pflanzenschutz etc.) würden damit unwirtschaftlich. Der Anbau transgener Nutzpflanzen kommt somit für den Biolandbau aus marktpolitischen und finanziellen Gründen nicht in Frage.

Eine grossflächige Umstellung auf biologischen Landbau würde eine höhere Ökologisierung der pflanzenbaulichen Produktion bewirken als der integrierte Anbau transgener, resistenter Nutzpflanzen, da der Biolandbau extensiver produziert. Agronomische Probleme hauptsächlich im Pflanzenschutz verlangsamen aber die Umstellung beträchtlich. Mit der Umstellung auf Biolandbau wird ein Teil der Kosten für die Reduktion der Umweltbelastung durch die Landwirtschaft den Konsumentinnen und Konsumenten via höhere Preise direkt aufgebürdet. Der Markt setzt deshalb der Umstellung auf biologischen Landbau Grenzen, die sich jedoch mit zunehmendem ökologischem Bewusstsein der Bevölkerung laufend erweitern.

Von den eingangs erwähnten Ökologisierungsmassnahmen im Pflanzenbau kommt der Anbau transgener, resistenter Nutzpflanzen wohl nur in der konventionellen und integrierten Produktion in Frage, nicht aber im Biolandbau. Die Umstellung auf biologischen Landbau als zweite Ökologisierungsmassnahme kann aus wirtschaftlichen Gründen nur auf einem Teil der landwirtschaftlichen Produktionsfläche verwirklicht werden.


© Copyright Zentrum BATS: Kontakt Legal Advisor: Advokatur Prudentia-Law Veröffentlichungsdatum: 1996-10-15

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