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Technikfolgenabschätzung
- Rationalisierungseffekte ohne Akzeptanz?
Zusammenfassung
Daß Diskurse Rationalitätsgewinne abwerfen und dann zu einem
Konsens der Konfliktparteien führen, gilt im Rahmen der von Apel/Habermas
sehr erfolgreich propagierten Universalpragmatik als gewiß. Ein
Blick auf das Werk Piagets hätte einiges von dieser
Gewißheit erschüttern können. Denn dieser hatte in den 40er
Jahren mit Universalpragmatik experimentiert, um seinen Strukturbegriff zu
präzisieren; diese Experimente hat er dann aber rasch
abgebrochen, weil nicht zu übersehen war, daß Fug wie
Unfug durch gleichberechtigtes Reden sozial stabilisiert werden
können. Er hat Strukturen dann in dem, was
gleichberechtigte Redepartner jeweils sagen/sagen könnten,
gesucht. Dieser Strukturbegriff wird im Vortrag auf den Terminus
Rationalität abgebildet, indem voll entfaltete
Rationalität als eine argumentative Konstellation gefaßt
wird, in der Gründe für eine bestimmte Deutung/Handlung und
Gegengründe in einem umfassenden Konstrukt vereinigt sind
(Internalisierung von Negationen). Im nächsten Schritt werden
dann gängige Deutungen von Technikkonflikten vorgestellt, um zu
prüfen, wieweit sie mit Begründung/Argumentation, i.e.
Strukturbildung im Sinne Piagets überhaupt kompatibel sind. In
der Literatur finden sich folgende Bestimmungsgründe von
Technikkonflikten: Ungewißheit, Interessenlagen,
Selektivität
der Informationsverarbeitung, Wertsystemdivergenzen, heterogene
Naturkonzepte, unterschiedliche Codes von ausdifferenzierten
Teilsystemen und zusammenfassend inkompatible Kosmologien.
Im Grunde laufen diese Deutungen zum Teil darauf hinaus, daß es
nicht Rationalität gibt, sondern Rationalitäten.
Diese unterschiedlichen Deutungen von Technikkontroversen wurden in einer
Technikfolgenabschätzung von herbizidresistenten Kulturpflanzen
überprüft. Dabei zeigt sich: In einem angemessen
rekrutierten diskursiven Gremium entstehen völlig
unabhängig vom Willen der Beteiligten eine Reihe von
Diskursleistungen, die die argumentativen Spielräume am Ende
doch so verengen, daß eine Deutung der Technik als die
(beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnis) rationalste
ausgezeichnet werden kann. Damit ist man jedoch noch längst
nicht bei einem umfassenden Konsens angelangt. Denn wenn man die von
Apel/Habermas auf die illokutionaren Elemente verkürzte
Sprechakttheorie um die perlokutionaren Aspekte
(wahrheitstranzendente Handlungsziele) ergänzt und die
Systemeigenschaften partizipativer Diskurse analysiert, zeigt sich,
daß Konsens unter den Konfliktparteien eher unwahrscheinlich
ist. Die Öffentlichkeit, i.e. eine dritte Partei muß
ihr eigenes Urteil bilden ohne dem Expertokratie-Dilemma
ausweichen zu können.
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