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Gesamte Dokumentation:
- Was ist Technologiefolgenabschätzung (TA)?
- Geschichte der Technikfolgenabschätzung
- Technikfolgenabschätzung (TA): Die Definition
- Vorgehen und Methodik zur Sicherheitsanalyse
- Sicherheitsanalyse für offene Anwendungen
5. Sicherheitsanalyse für offene Anwendungen
Die Sicherheitsanalyse hat zum Ziel, möglichst alle
Ziel- und Nebeneffekte nach ihren Auswirkungen zu untersuchen
und zu bewerten. Sie wird daher in den folgenden 4 Schritten
vollzogen:
1. Sicherheitsaspekte
Die genaue Analyse von Sicherheitsaspekten spielt bei der TA
eine sehr grosse Rolle. Ziel- und Nebeneffekte müssen so
weit wie möglich bekannt sein. Bei transgenen Pflanzen
müssen insbesondere Lebensmittelsicherheit (Toxizität
und Allergizität) sowie Umweltsicherheit in Betracht
gezogen werden.
2. Lebensmittelsicherheit
Ziel der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion ist es, gesunde
Nahrungsmittel in hochwertiger Qualität und ausreichender
Menge herzustellen. Gemäss dieser Zielsetzung stellen
sich für die Pflanzenzüchtung immer wieder neue
Herausforderungen. So hat beispielsweise die Züchtung
ertragssicherer Sorten mit Resistenzen gegenüber
Krankheiten und Schädlingen sehr an Bedeutung gewonnen.
Die Qualität eines Nahrungsmittels wird von
vielfältigen Einflussgrössen bestimmt.
Quantitative und qualitative Schwankungen in der Zusammensetzung
der Inhaltsstoffe beispielsweise können als Ergebnis
folgender Einflussgrössen gesehen werden:
- der Pflanzenart bzw. der Sorte,
- der Züchtung,
- den Stoffwechseleigenschaften der Pflanzen und
- der landwirtschaftlichen Produktion sowie des
Verarbeitungsverfahrens.
Die erwähnten Einflussfaktoren sind dafür
verantwortlich, dass die Zusammensetzung eines Lebensmittels
keine Konstante ist. Vielmehr bewegen sich die Qualität und
der damit zusammenhängende Gehalt an Inhaltsstoffen beträchtlich.
Ein sehr illustratives Beispiel dazu ist die Wetterabhängigkeit des Zuckergehaltes
und des Auftretens anderer Geschmackstoffe in der Traube. Von ähnlichen,
umweltbedingten Schwankungen in der Qualität und in der Zusammensetzung
ist bei andern Lebensmittel auszugehen. Es gestaltet sich relativ schwierig,
Grenzen für zulässige Konzentrationsbereiche für Inhaltsstoffe
von Lebensmitteln festzulegen. Auszuschliessen sind gesundheitsschädliche
Konzentrationen von toxischen Inhaltsstoffen. Dabei ist festzuhalten, dass nicht
eine absolute Abwesenheit von toxischen Substanzen sicherzustellen ist. Vielmehr
kann der Gehalt beispielsweise durch Lager- oder Zubereitungsvorschriften auf
einen tolerierbaren Wert gesenkt werden. Die Sicherheit der Lebensmittel basiert
denn auch auf dem Konzept, dass von einem Lebensmittel, das unter den vorgesehenen
Bedingungen konsumiert wird, mit hoher Gewissheit keine Gefahr ausgehen soll.
Historisch wurden Lebensmittel auf Grund der Erfahrung als sicher betrachtet,
auch wenn sie natürliche toxische Substanzen in nicht schädlichen
Mengen enthielten. Mögliche nachteilige Auswirkungen der erwähnten
Einflussfaktoren auf pflanzliche Lebensmitteln sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Zugleich sind Massnahmen zur Gewährleistung der Unbedenklichkeit aufgeführt.
Mit dem Einsatz gentechnologischer Methoden in der Pflanzenzüchtung
hat sich das Interesse der Öffentlichkeit an der Sicherheit von
Lebensmitteln verstärkt. Gentechnisch veränderte Lebensmiteln
stossen auf grosse Skepsis und ihre Unbedenklichkeit wird in Frage gestellt,
obwohl deren Sicherheit im Laufe von behördlichen Bewilligungsverfahren
eingehend untersucht wird. Obschon die Gentechnologie den
Rahmen der Möglichkeiten, Pflanzen zu verändern
erweitert hat, kann nicht notwendigerweise abgeleitet werden, dass transgene
Lebensmittel weniger sicher sind, als solche, die mit Hilfe traditioneller Techniken
gezüchtet wurden. Vielmehr trägt die Molekularbiologie zu einer gezielteren
Analyse von Lebensmittel bei und erweitert das Wissen über kritische Vorgänge
in Organismen. Die Bereitstellung sicherer Lebensmittel wird dadurch wesentlich
unterstützt.
Abbildung 1
Grundsätzlich werden die negativen Auswirkungen von Lebensmitteln
in zwei Kategorien unterteilt, in toxische und nicht-toxische
Lebensmittelreaktionen (Abb. 1). Die nicht-toxischen
negativen Auswirkungen werden weiter in Lebensmittelallergien und Lebensmittelintoleranzen
gegliedert.
Toxische Lebensmittelauswirkungen
betreffen alle exponierten Menschen und beruhen auf Inhaltsstoffen oder Verunreinigungen
aus dem Produktions- oder Verabeitungsverfahren. Nicht-toxische Lebensmittelreaktionen
sind nur für Personen von Bedeutung die eine entsprechende Anfälligkeit
besitzen. Allergie bezeichnet die immunologisch-begründete Reaktion von
Lebensmitteln, während sich Intoleranz auf nicht-immunologische Reaktionen
bezieht (z.B. Lactoseintoleranz). Im Folgenden sollen die Vorgehen zur Gewährleistung
der Sicherheit von transgenen Lebensmitteln bezüglich toxikologischer und
allergenen Substanzen näher erläutert werden.
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2.1 Toxikologische Unbedenklichkeit
Für Lebensmittel
oder Lebensmittelkomponenten aus gentechnisch veränderten Organismen wird
die Sicherheit mit Hilfe der substantiellen Äquivalenz bestimmt.
Die gentechnisch veränderten Lebensmittel werden dabei mit bestehenden
analogen Lebensmitteln verglichen. In den meisten Fällen dienen bekannte
Kulturpflanzen als Empfängerorganismen für die gentechnische Veränderung.
Das Konzept der substantiellen Äquivalenz verwendet demnach bekannte Lebensmittel
als Vergleichsbasis. Bezeichnend ist wiederum, dass keine absolute Äusserung
über die Sicherheit getätigt wird, sondern eine vergleichende Aussage:
das gentechnisch veränderte Lebensmittel ist ebenso sicher wie das
unveränderte Ausgangsprodukt.
Die Zusammensetzung
von Lebensmitteln ist meist gut dokumentiert, vor allem über mögliche
toxische Inhaltsstoffe, kritische Nährstoffe (z.B. Vitamine) oder andere
relevante Eigenschaften sind Daten verfügbar. Deshalb können die entsprechenden
Konzentrationen von gentechnisch veränderten Produkten mit diesen verglichen
werden. Für den Nachweis der substantiellen Äquivalenz werden eine
Anzahl besonderer Aspekte verwendet, wie:
- Daten über die Zusammensetzung und die Eigenschaften der unveränderten
Organismen,
- Daten über die eingeführten Gene, deren Produkte
und mögliche sekundär Effekte, abgeleitet von
Informationen über die Spenderorganismen, die
Transformationstechnik einschliesslich der Vektoren und möglicher Markergene
sowie analytischen Daten über die Genprodukte als Bestandteil des gentechnisch
veränderten Produktes,
- Daten über das neue Produkt mit den gentechnisch eingeführten
Komponenten einschliesslich Konzentration der Genprodukte.
Jede klassisch
oder gentechnisch erzeugte Neuzüchtung birgt potentiell das Risiko unerwünschter
biochemischer Veränderungen. Die genomische Variation hat zur Folge, dass
Funktionsabläufe verändert werden, die sich phänotypisch in veränderten
Merkmalsausprägungen äussern. Ob die Anwendung gentechnischer Methoden
zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit solcher Effekte führt, wurde
eingehend diskutiert.
Zuchtziele der
Pflanzenzüchtung stellen sehr komplexe Merkmalskombinationen dar. Es gilt
Ertrag, Qualität und Resistenzen in einem Genotyp zu vereinen. Der physiologische
und genetische Hintergrund ist zudem nur in Ansätzen bekannt. Im Falle
der klassischen Kombinationszüchtung werden komplette Genome verschiedener
Ausgangslinien neu kombiniert, in der Hoffnung unter den Kreuzungsprodukten
die gewünschte Merkmalskombination selektieren zu können. Im Falle
des Gentransfers bei Anwendung gentechnologischer Methoden werden nur die gewünschten
Zielgene übertragen bzw. nur bekannte Genprodukte exprimiert. Nur bei dieser
Methode ist deshalb eine toxikologische Überprüfung konkret möglich,
da diese bekannt sind. Bei transgenen pflanzlichen Lebensmitteln sind die neu
eingeführten Proteine im Rahmen von Bewilligungsverfahren auf ihre Toxizität
zu überprüfen. Toxikologische Untersuchungen sind vor allem dann angebracht,
wenn die neuen Proteine bisher nicht in der Nahrungsmittelkette vorkamen oder
pflanzliche Inhaltsstoffe wesentlich in ihrem Gehalt verändert wurden.
Zur Überprüfung
des toxischen Potentials transgener Genprodukte, verantwortlich beispielweise
für Insektenresistenzen, Herbizidtoleranzen und Antibiotika-Resistenzen
stehen Standardmethoden zur Verfügung. So werden beispielsweise Verdauungstudien
und Fütterungsversuche sowohl mit den isolierten Genprodukten, als auch
mit dem gentechnisch veränderten Pflanzenmaterial durchgeführt. Auf
dieser Basis sind konkrete Aussagen über die Unbedenklichkeit im Rahmen
der üblichen Verzehrsgewohnheiten möglich. Schwierigkeiten ergeben
sich erst in der Beurteilung möglicher Langzeitwirkungen einer Aufnahme
subtoxischer Mengen des Genproduktes. Die Wirkungen geringer Stoffmengen sind
generell schwer zu erfassen, dies gilt auch für die der nicht-transgenen
Lebensmittel.
Neben den Gentechnik
bezogenen Bedenken dürfen die möglichen negativen Auswirkungen anderer
Einflussfaktoren nicht vernachlässigt werden. Sie können ebenfalls
Ursache von Gefahrenquellen sein. Die verschiedenen Pflanzenspecies weisen neben
den primären Inhaltsstoffen eine bisher noch nicht erfasste Vielfalt an
Sekundärstoffen auf. Der evolutionäre Vorteil dieser Inhaltsstoffe
muss in der Bildung chemischer Abwehrmechanismen gegenüber fressenden Tieren
gesehen werden. So sind eine Reihe von Bitterstoffen bekannt, die toxische oder
abwehrende Wirkung gegenüber Bakterien, Pilzen oder Insekten aufweisen.
Andere pflanzlichen Verbindungen wirken bei Genuss in geringen Mengen anregend
oder sogar gesundheitsfördernd, in höheren Mengen jedoch können
nachteilige gesundheitliche oder sogar tödliche Folgen auftreten. Die Unterscheidung
in Gift-, Gewürz- und Bitterstoffe gibt diesen Zusammenhang andeutungsweise
wieder.
Unerwünschte
Bitterstoffe und toxikologisch bedenkliche Inhaltstoffe wurden im Verlauf der
Züchtung herausgezüchtet oder durch eine Anpassung der Aufbereitung
und der Verzehrsgewohnheiten unschädlich gemacht. Toxikologische Gefährdungen
aufgrund der genomischen Variation werden bei den klassischen Züchtungsmethoden
aufgrund der langjährigen Erfahrungen mit dem Zuchtmaterial als sehr gering
erachtet. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Genprodukte
im Einzelnen nicht bekannt sind und Selektionen hauptsächlich über
das äussere Erscheinungsbild oder Geschmackstests erfolgen.
Weitere wichtige
Gefahrenquellen bezüglich der Unbedenkichkeit von Lebensmitteln ergeben
sich aus den Anbautechniken und den Verarbeitungsverfahren. Acker-, Obst und
Gemüsepflanzen werden während ihres Wachstums und der späteren
Lagerung von zahlreichen pilzlichen oder bakteriellen Krankheiten und Schädlingen
befallen. Zusätzlich konkurrieren sie mit Unkräutern um den Standort.
Neben Ertragsausfällen treten auch Belastungen mit toxischen Stoffwechselprodukten
von pilzlichen Krankheiten (Mykotoxinen) auf. Der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmitteln
zur Kontrolle von Unkräutern und Schaderregern stellt in der konventionellen
Landwirtschaft eine wichtige Massnahme zur Ertragssicherung dar. Wird auf den
Einsatz von Herbiziden, Fungiziden oder Insektiziden wie im Falle des biologischen
Landbaus verzichtet, muss mit Ertragsverlusten bis zu Totalausfällen gerechnet
werden. Mit der Züchtung krankheits- und schädlingsresistenter, wie
herbizidtoleranter Sorten ergeben sich neue Optionen im Pflanzenschutz. Die
Einsparung und die Substitution von chemischem Pflanzenschutzmittel ist eine
wichtige Zielsetzung.
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2.2 Allergene
Der menschliche
Körper kann auf bestimmte Proteine mit einer Unverträglichkeitsreaktion
reagieren, bei der das Immunsystem beteiligt ist. Es ist bekannt, dass potentiell
fast alle Proteine (Immunoglobin E-vermittelte) Allergien
auslösen können. Rund 90 Prozent aller Lebensmittelallergien werden
von wenigen Lebensmitteln verursacht (darunter Kuhmilch, Hühnerei, Fisch,
Nüsse, Sojabohne, Weizen, Krustaceen). Alle bisher isolierten Allergene
sind Proteine, die charakteristische Eigenschaften aufweisen. Allergiker meiden
aus Erfahrung diejenigen Nahrungsmittel, die für sie die allergieauslösenden
Proteine beinhalten.
Mittels der Gentechnik
kann die Pflanzenzüchtung nun theoretisch das Erbmaterial der Gesamtheit
aller Organismen als Genquelle nutzen. Das Transgen bildet dann im Empfängerorganismus
ein Fremdprotein. Auch das Expressionsmuster arteigener Genprodukte kann mittels
Gentechnik stark variiert werden. Hier stellt sich die Frage, ob durch die gentechnische
Veränderung Allergien zunehmen werden. Für die Beurteilung des Allergie-Risikos
gentechnisch veränderter pflanzlicher Lebensmittel ist die Frage nach der
Herkunft des Genproduktes entscheidend (Abb. 2). Hier lassen sich
prinzipiell folgende Schlussfolgerungen ziehen:
- Stammt
das Gen aus einem Lebensmittel, so ist aus der Erfahrung bekannt, ob dieses
Lebensmittel allergene Wirkung hat oder nicht.
- Ist das
Lebensmittel bereits als Allergen bekannt, so sind immunologische Testverfahren
verfügbar, um das aus dieser Quelle stammende Genprodukt auf seine
allergene Wirkung zu untersuchen. Auf diese Weise kann die Übertragung
von Genprodukten mit bekannter allergener Wirkung ausgeschlossen werden.
- Ist das
Lebensmittel, aus welchem das Gen stammt, nicht als Allergen dokumentiert,
so kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem zu übertragenen
Gen um keines der bekannten Allergene handelt.
- Sind
die Genprodukte vorher nicht Bestandteil der menschlichen Ernährung gewesen,
so sind Aussagen über das allergene Potential grundsätzlich schwierig.
Das übertragene Genprodukt muss dann mit bekannten Allergenen auf übereinstimmende
Eigenschaften verglichen werden. Sequenzhomologien und die Proteinstabilität
während der Verdauung und Verarbeitung sind neben Sensibilisierungsversuchen
wichtige Prüfkriterien.
Abbildung 2
Für die bisher
zugelassenen transgenen Nutzpflanzen wird nach gegenwärtigem Stand der
Kenntnisse kein erhöhtes Risiko für allergische Reaktionen angenommen.
Die verwendeten Gene bzw. Genprodukte (Herbizid- und Antibiotikaresistenzen,
insektentoxische Proteine aus Bacillus thuringiensis oder virale Hüllproteine)
stammen weder aus Quellen mit allergenem Potential, noch hat der Vergleich
mit bekannten Allergenen Ähnlichkeiten ergeben. Virale Hüllproteine
wurden bereits früher über die Nahrung aufgenommen. Einige pflanzliche
Proteine, die für neue Resistenzen interessant wären (u.a. a -Amylase-Inhibitoren,
Trypsin-Inhibitoren oder Lektine), weisen Ähnlichkeiten mit bekannten Allergenen
auf. Vor der Markteinführung müssen derartig genetisch veränderte
Pflanzen auf ihr allergenes Potential untersucht werden.
Die Wahrscheinlichkeit
unerwarteter Allergien kann bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln
dann grösser sein, wenn Genprodukte, die vorher nie Bestandteil der Nahrung
waren und deren allergenes Potential nicht dokumentiert ist, übertragen
werden. Die gleiche Unsicherheit besteht aber auch bei neu eingeführten
nicht-transgenen Nahrungsmitteln. Bei der Zulassung von gentechnisch veränderten
Nahrungsmitteln muss das allergene Potential der übertragenen Proteine
grundsätzlich untersucht werden. Stellt das Genprodukt des übertragenen
Transgens ein Allergen dar oder zeigt es Ähnlichkeiten mit einem solchen,
so sollte auf eine Verwendung verzichtetoder eine sorgfältige und durchgängige
Deklaration zur Pflicht gemacht werden.
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